Voller Hoffnung bin ich Dezember 2017 nach Otterndorf zurückgekehrt. Bereits zur Jugendzeit wohnte ich in Otterndorf bis Dezember 2005. Ob Familie, Freunde, Haus mit Rasen, schönen Veranstaltungen wie das Altstadtfest, See in Flammen, Country am See, der See Achtern Diek mit dem Elbufer; es gab genug Erwartungen. Es sollte eine bessere Zeit einbrechen, als es vorher war.
Doch mittlerweile ist Ernüchterung eingekehrt. Das was man in den sieben Jahren erlebt hat ist kaum zu glauben.
Einkaufen
Die erste Überraschung und Erneuerung war die Umwandlung von Marktkauf in den EDEKA, dem einzigen Vollversorger in Otterndorf. Vorher schon so weit gut gewesen, hat nun der neue Betreiber die Einkaufsmöglichkeit dermaßen kaputt gemacht, dass ein Einkauf dort zu einem Horrorerlebnis wird. Zuerst hat man diverse Sachen kaum gefunden, da vieles einfach nicht konsequent sortiert ist. Dann kamen die vollen Gängen mit, wo die Waren, die einsortiert werden sollen, direkt vor den Regalen eine ganze Weile geparkt werden, so dass man teilweise gar nicht ohne Hilfe der Mitarbeiter an die Waren kommt. Dann kamen noch zusätzliche Aufsteller in den Gangeingängen, so dass gerade Behinderte große Probleme mit dem Navigieren durch die Gänge Probleme haben – von den Möglichkeit mit dem Einkaufwagen für Rollstuhlfahrer braucht man dabei gar nicht erst denken. Anschließend kamen die Personalprobleme, wo immer mehr Personal gerade an der Frischetheke fehlte und die Zeiten an der Theke eingeschränkt werden mussten. Dazu kamen Anlieferungsprobleme mit regionalen Produzenten, mangelhafte Qualität des Fleisches mit sehr vielen Sehnen, generell schlechten und zu wenig Fahrrad-Ständern, schlecht zu erreichenden Behindertenparkplätze, und am Ende bekam man an der Frischetheke häufig falsche Sachen oder sogar was von anderen Kunden. Viele Mitarbeiter haben seit der Umwandlung den EDEKA verlassen. Es gibt hier zahlreiche mittelgroße Anbieter wie KIK, Rossmann, LIDL, ALDI, Penny, Kiebitzmarkt und mehr. Doch gerade bei EDEKA, LIDL und ALDI ist Suchen groß angesagt. Hier sind die Angebote dermaßen wild verteilt, dass man lange danach suchen und häufig Mitarbeiter danach fragen muss.
Der Wochenmarkt findet jeden Freitag am Kirchplatz statt. Das Angebot ist ganz ok. Es gibt Fisch, Milchprodukte, Gemüse, Obst, Fleisch und Wurst, Delikatessen und Blumen. Jedoch ist dann jedesmal die wichtigste Straße im Ort gesperrt. Mehr dazu beim Thema Verkehr. Es gibt auch keine wirkliche Ausweichmöglichkeit, wo der Wochenmarkt sonst stattfinden könnte. Der Große Specken ist zu klein und der Schützenplatz wird schon als wichtiger Parkplatz für die Schule und umzu verwendet.
Schule
Die Schule ist auch ein großes Thema bei zwei Kindern. Diese besuchten beide die Realschule in Otterndorf. Hier erfuhren beide jahrelang regelmäßig Mobbing durch Schüler und Lehrer. Die damalige Schulleiterin war auch keine Hilfe. An der Realschule hat man einige andere Kinder kennen gelernt, die auch Opfer von Mobbing wurden und dadurch die Klasse gewechselt haben.
Man kann gar nicht genug sagen, wie stark sich Mobbing dauerhaft auf das Leben des Opfers auswirkt. Hier kann man einfach sagen, schickt eure Kinder niemals auf das Schulzentrum in Otterndorf. Es ist hier kein Ort für Kinder, erst recht nicht für Jugendliche.
Freizeit und Veranstaltungen
Veranstaltungen haben in den letzten Jahrzehnten einen großen Wandel erfahren. Der Germanische Fünfkampf, welcher noch in den 90ern Jahren bestand, ist komplett verschwunden. Ebenso gibt es das Speckenfest nicht mehr. Das Schützenfest ist kein Besuch mehr wert, so klein und teuer. Das Alstadtfest schrumpfte seit Corona so stark, dass es bis auf das Riesenrad, und die Kleinkinderecke, keinerlei Fahrgeschäfte für die etwas größeren Besucher mehr gibt. Auch wird das Nachtjackenviertel nicht mehr so geschmückt wie früher mal.
Dazu sind nun neue Veranstaltungen dazugekommen. Auch wurde am See eine Seebühne errichtet, wo u.a. das „Country am See“ stattfindet. Vom musikalischem Programm her eine Abwechslung, bei bester Lage direkt am Rand des Großspielplatzes, an der Wasserski-Anlage und dem Wasserpark auf dem See. Eine kleine Veranstaltung. „See in Flammen“ hat sich zudem als Veranstaltung etabliert. Der Bauernmarkt ist auch noch relativ neu und eine gute Veranstaltung mit Oldtimern, Waren von Bauern, Handwerksbetrieben im Bereich Garten und Landschaft, selbstgemachten Kuchen und mehr. Am Deich gibt es nun auch den „Kulturstrand“ mit verschiedenen kulturellen Kleinveranstaltungen. Ebenso findet seit kurzem auch jährlich das „Elbstrand-Festival“ am Deich statt, wo mehrere Schlagersänger und -innen ihre Auftritter haben.
Kinder und Jugendliche
Für kleine Kinder gibt es genug Spielplätze und Angebote bei Veranstaltungen. Ebenso gibt es die Siel- und Spaß-Scheune am See. Für Jugendliche wird allerdings quasi gar nichts getan, und das schon seit vielen Jahren. Die Jugendlichen immer nur zum See zu schicken ist keine Lösung. Hier ist Langeweile satt geboten. Keine Fahrgeschäfte bei Veranstaltungen, kaum Veranstaltungen, die überhaupt Jugendliche und junge Erwachsene ansprechen. Freizeitmöglichkeiten sind bis auf Sport und Skater-Park für Jugendliche auch nicht vorhanden.
Sport
Otterndorf hat mit vielen Sportmöglichkeiten wirklich viel zu bieten. Es ist eines der Kernthemen im Ort. Ob Teamsport wie Fußball und Handball, Wassersport wie Rudern und Schwimmen, Seniorenangebote und zahlreiche weitere Angebote. Man wird sicher für sich etwas finden. Dazu gibt es regelmäßig mehrere Sportveranstaltungen. Jedes Jahr findet die Ruderregatta auf dem Hadelner Kanal statt, am See und drumherum das Triathlon und auch das Marathon findet jedes Jahr statt. Dazu noch mehrere kleinere Veranstaltungen. Hier ist das Angebot wirklich gut.
Feriengebiet
Das Thema Feriengebiet ist auch ein Thema für sich. Eine schöne Ecke mit Badesee und Wassersportmöglichkeiten, Camping, Ferienhäusern, großem Spielplatz, Spiel- und Spaßscheune mit Minigolf außen. Dazu kommt direkt der Deich mit den Strandkörben um einer kleinen Gastro direkt an der Elbe mit dem guten Watt zum Wattwandern und einem Sandstrand ein Stück weiter. Tagsüber fährt dort regelmäßig der Strand-Express vom Großraumparkplatz am See zur Elbe und dann in die Innenstadt von Otterndorf. Es befindet sich zudem eine „kleine“ Essecke mit mehreren Ständen mit Fischbrötchen, Pommes, Eis, Souvenirs und Asia direkt zwischen Deich und Spielplatz. Doch leider sind diese Stände in der Nebensaison gar nicht vorhanden und in der Saison nur von Mittags bis um 18:00 Uhr. Das bedeutet, dass morgens als auch Abends beim Spaziergang niemand dort mehr etwas zu essen bekommt.
Auch existiert ein schöner Fahrradweg von Otterndorf nach Cuxhaven direkt am Deich mitten durch die Schafherden durch. Hier gillt es auf die Tiere Rücksicht zu nehmen, nicht andersherum.
In der Nähe des See Achtern Diek gibt es zudem den Philosophenweg, welcher direkt an der Medem entlang geht. Dieser hat sich seit dem Baugebiet „Am Medembogen“ stark verändert. Statt einem Ackerfeld mit Getreide gibt es dort nun Neubauten von Häusern. Der romantische Charme von früher ist durch die gegenüber liegenden neuen Häuser komplett verschwunden.
Gesundheit
Es gibt verschiedenste Ärzte, wobei das Angebot von der Menge her geht. Jedoch sind die Ärzte durch das hohe Alter vieler Menschen im Ort und zahlreicher Zivilisationskrankheiten an ihren Grenzen und nehmen häufig keine Patienten mehr auf.
Das Krankenhaus mit dem Ärztehaus nebenan sind eine wichtige Säule im Otterndorfer Gesundheitssystem. Die Mitarbeiter, gerade bei der Ergo- und Physiotherapie sind sehr freundlich. Beim Krankenhaus fehlt es aber an Parkplätzen. Währen im Laufe der Jahrzehnte das Krankenhaus weiter ausgebaut wurde, sind keine Parkplätze dazugekommen. Nun werden die Nebenstraßen teilweise vollgeparkt.
Wer zudem eine Gehbehinderung hat, ist zudem auch größtenteils aufgeschmissen. Die Wege sind kaum behindertengerecht und voller Hindernisse. Viele Restaurants, Geschäfte, Einrichtungen und Ärzte sind nur mit Treppen zu erreichen. Man kommt durch zwei Straßen über dem Deich bis an den Ufer der Elbe. Beim Deichgebiet begegnet einem der Strand-Express, welcher ganz knapp an einem im Rollstuhl vorbeifährt. Da wird einem schon mulmig
Wohnungen
Otterndorf wird seit vielen Jahrzehnten immer weiter mit neuen Wohnungen ausgebaut, ohne dass die Einwohnerzahl großartig steigt. Trotzdem ist die Wohnungslage nicht besonders gut. Es fehlen massenhaft Wohnungen, gerade für Familien, die mindestens 4 Zimmer benötigen, haben große Probleme eine passende Wohnung zu finden. Die Situation wurde auch durch zunehmende Ferienwohnungen verschärft, die vorher ganz normale Wohnungen für Familien waren. Wer eine Behinderung hat und Treppen vermeiden sollte, dem geht es bei der Suche noch deutlich schlechter.
Verkehr
Es gibt diverse schöne Strecken außerhalb von Otterndorf. Ob am Deich nach Cuxhaven oder zu den umliegenden Dörfern. In Otterndorf selber ist es aber nicht gerade schön. Es fehlen Fahrradständer und Fahrradwege, und generell sind die Fahrradwege oft im schlechten zustand. Wer auf der Straße fährt, der geht einem hohen Risiko ein. Denn dort überholen die Autos nicht mal mit dem Mindestabstand, und häufig nicht mal mit einem halben Meter Abstand jeden Fahrradfahrer.
Die Straßenlage ist auch eine Katastrophe. Die Straßen haben dermaßen oft Löcher, die nach langer Zeit dann mal gestopft werden. Und wenn dann mal Freitags wieder der Wochenmarkt an der Kirche stattfindet, dann läuft der ganze Verkehr durch einzige verbliebende Straße von Ost nach West direkt am Schulzentrum vorbei. Ebenso fehlen Verbindungen nicht nur von Ost nach West, sondern auch von Süden nach Norden. Wer von der Stadt zum Deich möchte, kann dies nur über zwei Straßen machen, entweder über die Schleusenstraße oder über den Norderteiler Weg.
Gerade als Gehbehinderte Person ist das Fahren mit der Bahn hier ein Hochrisiko. Hier ist man beim Ein- und Aussteigen auf das Bahnpersonal angewiesen, ansonsten kommt man mit dem Rollstuhl weder rein noch raus. Doch nehmen die Bahnbediensteten diese Aufgabe nicht wirklich ernst und vergessen auch mal, dass man raus möchte und man fährt dann halt die eine oder andere Station weiter, obwohl man eine Station vorher bescheid sagt und an der Haltestelle mittels Knopf das Signal zum Aussteigen gibt.
Gastronomie
Seit Jahren verschwinden immer mehr Gastronomien in Otterndorf. Teilweise gab es Wechsel der Inhaber, die das vorherige Konzept haben verschwinden lassen.
Immerhin hat man mindestens zwei Anbieter, die Sachen wie Pizza, Döner, Salate, Pommes und mehr nach Hause liefern.
Vom Angebot der regulären Gastronomie gibt es aber nicht viel Gutes dabei. Entweder ist die Karte viel zu klein, man kommt als Gehbehinderte Person kaum rein oder die Gastro, wie bei „In de Grund“ bleibt kalt. Bei In de Grund waren wir gerade gestern zu Besuch. Vom Essen her wirklich gut, aber es war komplett kalt. Die Heizung war gar nicht erst an und musste von uns selber angemacht werden, und dann wurde diese trotz voll aufdrehen einfach nicht warm. Und dann standen dort überall Plastik-Pflanzen. Richtige Pflanzen hätten es auch sein können, wären auch besser für die Raumluft. Dass es auch noch Freitag Abend war und die Bude bestenfalls halb voll war, sagt den Rest. Hier scheint es wohl seit längerem nicht richtig Rund zu laufen.
Das Essen ist in Otterndorf im Durchschnitt ganz OK. Das Erlebnis auch so weit. Aber es ist nicht großartig. Ich rede da nicht von der Sterneküche. Sondern ich denke da an einer guten Karte mit genug Auswahl, auf ausreichend Wärme im Raum, genug Personal und einem schönen Ambiente mit Flair. Wer Pommes und Schnitzel möchte ist bei Nemo beim Schwimmbad gut aufgehoben. Wer schön essen gehen will und auf eine große Karte verzichten kann, sollte zum Restaurant Leuchtfeuer beim Hotel am Medemufer gehen.
Urlaub
Wer in Otterndorf Urlaub macht, ist im Feriengebiet gut aufgehoben. In Otterndorf selber gibt es nicht viel zu bieten. Einkaufen sollte man lieber in Cuxhaven. Auch Freizeitangebote gibt es eher in den umliegenden Dörfern wie das Natureum in Balje, das Moor in Ahlen-Falkenberg, dem Zoo und dem Spielpark in der Wingst und der Burg in Bederkesa.
Privat
Etwas privat, aber doch für ein selbst auch entscheidend, die Mehrfamilienhaus indem man wohnt, heruntergekommen und eine Schande für ganz Otterndorf. Keinerlei Versprechen eingehalten. Der Rasen war bis vor kurzem jahrelang ein Hundeklo, wo ein Hund eines Bewohners des Hauses dort regelmäßig sich erleichterte. Es gibt keine Pflege des Außenbereichs, das einzige was gemacht wird, ist sporadisch mal Rasen zu mähen. Zudem kam es von einem Bewohner des Hauses zu einer Morddrohung und von einer anderen Person aus der Nachbarschaft die Drohung einem die Beine zu brechen. Beide mit ausländischer Herkunft bzw. Wurzeln.
Kurz nach Einzug, Anfang 2018, kam es zu einem selbstverschuldeten Unfall der Tochter, die stürzte und mit der Stirn frontal direkt gegen die Kante der Steintreppe prallte und eine starke Kopfverletzung erlitt. Sie hat jetzt immer noch mit den Nachwirkungen zu kämpfen, mittlerweile durch eine Erbkrankheit im Rollstuhl, wie meine Frau.
Fazit
Im Bereich Sport ist Otterndorf ganz weit vorne. Das Angebot ist riesig. Auch ist das Krankenhaus von großem Vorteil für die ganze Region. Das Feriengebiet ist auch richtig gut geworden und macht Spaß. Wer es etwas ruhiger mag, kann etwas früher oder später am Tag dort entlang gehen.
Jedoch in allen anderen Bereichen hat Otterndorf starkes Nachholbedarf. Gerade beim Einkaufen, Wohnungsmarkt, Schule und Jugendliche muss viel getan werden.
Urlaub machen ist soweit noch ganz ok, aber im Abwärtstrend. Wohnen sollte man in Otterndorf, stand jetzt, lieber nicht.
Es reicht nicht, seitens der Stadt nur die nächsten 5 Jahre vorauszuplanen. Wer langfristig Fehler vermeiden will, muss auch langfristig, mindestens 30 Jahre, vorausplanen und regelmäßig die Pläne anpassen. Hier kann man nur sagen, die Politik und die Verantwortlichen der Stadt seit Jahrzehnten versagt haben. Man darf sich nicht vom Feriengebiet und der schönen Altstadt blenden lassen.
Nutzt die Umgehungsstraße und fahrt um Otterndorf herum.